Verlagsvorschau Herbst 2024 31. Mai 2024 – Posted in: Aktuelles – Tags: , , , , ,

Unser Verlagsprogramm für den Herbst 2024 ist da. Wir stürmen mit James Cahill und Tiepolo Blau den Himmel eines Neuanfangs, sind mit Micha Riegel und Rauchzeichen für Rio auf den Spuren von Rio Reiser unterwegs und entdecken mit Michael Sollorz’ Abel und Joe einen schwulen Klassiker wieder.

JAMES CAHILL: TIEPOLO BLAU

„Er leert sein Glas und schenkt sich neu ein. Er versucht, über Tiepolos Genialität als Gestalter von Himmeln nachzudenken, doch er hat nur das besondere Blau von dessen Himmeln vor Augen – dieses blasse, kremige Türkis. Es umgibt ihn von allen Seiten.“

In Tieplo Blau vertreibt der britische Autor James Cahill einen kauzigen Professor aus der honorigen Monotonie einer Akademikerexistenz und konfrontiert ihn mit den Verlockungen der pulsierenden Kunstszene Londons – ein lebensverändernder Trip.

Cambridge, 1994. Nachdem er zu Studienzeiten von einem Kommilitonen zurückgewiesen wurde, hat Kunsthistoriker Don Lamb der Liebe abgeschworen und sich ganz seiner Karriere verschrieben. Mit Anfang 40 führt er ein asketisches Professorenleben zwischen Hörsaal, Bibliothek und dem High Table. Außerdem arbeitet er wie besessen an einem Buch über das Blau des Himmels in den Fresken von Barockmaler Giovanni Battista Tiepolo. Doch dann der Knacks. Als im Peterhouse eine moderne Kunstinstallation aus Müll errichtet wird, ist Don dermaßen empört darüber, dass er seinem Gelehrten-Reservat den Rücken kehrt und stattdessen die Leitung eines Museums in London übernimmt. Damit bricht das wahre Leben über ihn herein. In Gestalt des jungen Künstlers Ben. Der Beginn einer Schwärmerei, die für Don immer mehr zur verworreneren Reise ins Ungewisse wird.

Für Englands Crossover-Literat Stephen Fry ist Tiepolo Blau der beste Roman, den ich seit langem gelesen habe”. Das britische Feuilleton stimmt ihm zu. Und tatsächlich ist die augenzwinkernde Coming-of-Age-Geschichte
eines kauzigen Intellektuellen in der Midlife-Crisis ein großer Roman über die Kunst, den Sex und das wahre Leben – düster wie ein Herbsttag in Cambridge, rätselhaft wie das Labyrinth der Bars von Soho, erhebend wie das Blau des Himmels bei Tiepolo.

MICHA RIEGEL: RAUCHZEICHEN FÜR RIO

„‚Weißte was? Ich fahr nach Fresenhagen, denk ich. Hoch zum
Bauernhof, wo die Scherben wohnen, Anhalter machen, bissl hier,
bissl da und quer durchs Land und alle Städte, und am Ende
beim Rio Reiser stehn und irgendwie mal Hallo sagen.‘
‚Einfach mal so Hallo sagen, oder was?‘
‚Klar, wieso nich?‘“

In seinem Debütroman nimmt Micha Riegel uns mit auf einen sommerlichen Roadtrip quer durchs Deutschland Mitte der Neunziger. Eigentlich wollen seine jungen Protagonisten Rio Reisers legendäre Ton-Steine-Scherben-Kommune in Fresenhagen erreichen. Doch das Schicksal hat irgendwie etwas anderes mit ihnen vor.

Unterfranken: Samu ist 16, als er aus seinem Heimatdorf wegmuss. Ein Jahr zuvor hat er am Faschingsdienstag auf offener Straße mit Maxi rumgeknutscht. Oder Maxi mit ihm? Jedenfalls war der Kuss ein Skandal, weil Maxi der Sohn vom Umraths-Franz war, dem reaktionären Bürgermeister. Jetzt ist Maxi tot. Vom Kirchturm gesprungen. Daran ist Samu schuld. So sehen das zumindest der Umraths- Franz und sein rechtsradikaler Sohn, die Rache schwören. Also haut Samu nach Frankfurt ab, wo er im September eine Lehre anfangen soll. Doch vorher kommt noch der Sommer. Und die Bekanntschaft mit Lenni, mit dem Samu eine gemeinsame Leidenschaft für die Musik von Ton Steine Scherben verbindet. Die beiden beschließen, Rio Reiser auf dessen Hof im nordfriesischen Fresenhagen einen Besuch abzustatten – der Beginn einer halsbrecherischen Odyssee und einer ersten Liebe.

Wenn Micha Riegel schreibt, liegen Tragik und Komik nah beieinander. Sein Debütroman wirft die Lesenden mittenhinein in den chaotischen Erfahrungsmarathon der Protagonisten, der nebenbei zum Spiegel der deutschen Nachwendejahre wird. Ein Buch wie ein Rio-Reiser-Song: ehrlich, entwaffnend, umwerfend.

MICHAEL SOLLORZ: ABEL UND JOE

„Berlin? Bist du noch wach? / Heuchler! Deinesgleichen
lässt mich doch nicht schlafen. / Darf ich dich was fragen? /
Frag. Ich bin alle Antworten. / Hast du dich verändert,
oder bin ich es selbst?“

Mit Abel und Joe brachte Michael Sollorz 1994 das Lebensgefühl einer Ära auf den Punkt, in der Ostberlin infolge der Wende schon halb transformiert war, die Bevölkerung aber noch immer den Echos der vergangenen Zeit nachhorchte. Unsere Neuauflage zum 30. Jubiläum ist eine Einladung,
diese zeitlos-melancholische Liebesgeschichte wiederzuentdecken und kommt mit einer Betrachtung von Katja Oskamp (Marzahn, mon Amour) daher.

Einen Tag und eine Nacht ist Abel in Berlin unterwegs. Er sucht Joe, seinen Freund, der ihm Heimat bedeutet wie die vertraute Stadt, die sich so rasant
verändert. Wie lange war Joe nicht zu Hause, hat er Abel verlassen, geht jetzt eigene Wege? So pilgert Abel durch die Subkultur. Märchenbrunnen und Tiergarten, Kneipen, die Sauna unterm Dach, Orte des Begehrens und fremder Umarmung. Wurden sie für ihre Liebe zur Gefahr? Hat der junge Ostberliner Abel zu viel erhofft vom Leben mit Joe, zugezogen aus katholischer West-Privinz? Hatten sie überhaupt eine Chance? Abels Odyssee öffnet auch den Blick auf seine Herkunft, dieses »Märchenland«, das er nicht festhalten kann, vielleicht ebenso wenig wie den Freund.

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